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ethik_und_gestalttheorie [29.12.2016 16:56] stemberger |
ethik_und_gestalttheorie [12.03.2024 13:26] (aktuell) |
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====== Ethik und Gestalttheorie ====== | ====== Ethik und Gestalttheorie ====== | ||
- | //Beate Weitkemper// | + | [EN: ethics and Gestalt theory] |
- | **Wolfgang Köhler: | + | //Beate Weitkemper, Soest// |
- | ** | + | |
- | Da Köhlers Buch "The place of value in a world of facts" (1938; deutsch: | + | ==== Wolfgang Köhler: |
- | Köhler weist nach, dass Werte in ihrem Gewicht und ihrer Bedeutung naturwissenschaftlich allgemein anerkannten Tatsachen nicht nachstehen, ja, dass Werten ein vergleichbarer Rang zusteht. Ihm geht es darum zu veranschaulichen, | + | Köhlers Buch "The place of value in a world of facts" (1938; [[https:// |
- | Während | + | Köhler |
- | Köhler | + | Während |
- | Dieser beinhaltet eine klare Unterscheidung zwischen der erlebten sog. phänomenalen Welt (Wirklichkeit im zweiten Sinne nach Metzger) und der erlebnisjenseitigen, | + | ==== Kritischer Realismus |
- | Werte nun sind nach Köhler | + | Köhler |
- | Dem Werteproblem könne man sich am ehesten über den Begriff des Interesses annähern. Phänomenologisch betrachtet lassen sich nämlich sogenannte „reine Tatsachen" | + | Dieser beinhaltet eine klare Unterscheidung zwischen der erlebten sog. phänomenalen Welt ([[wirklichkeit|Wirklichkeit im zweiten Sinne nach Metzger]]) und der erlebnisjenseitigen, physikalischen |
- | Solche Vektoren, die von Teilbeständen bestimmter Zusammenhänge ausgehen, über diese Teile hinausweisen und andere Teile ablehnen oder akzeptieren, | + | ==== Werte und Interesse ==== |
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+ | Werte sind nach Köhler nun keine Produkte bloßer Gewöhnung, sie meinen mehr als Ausdrücke wie „nützlich" | ||
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+ | Dem Werteproblem könne man sich am ehesten über den Begriff des Interesses annähern. [[phaenomenologie|Phänomenologisch]] betrachtet lassen sich nämlich sogenannte „reine Tatsachen" | ||
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+ | Solche Vektoren, die von Teilbeständen bestimmter Zusammenhänge ausgehen, über diese Teile hinausweisen und andere Teile ablehnen oder akzeptieren, | ||
Um diese Behauptung zu belegen, zeigt Köhler zunächst an einem verblüffenden Beispiel, dass transphänomenale Tatbestände existieren: Jemand versucht, sich an den Namen eines bestimmten Malers zu erinnern, dieser liegt ihm quasi schon "auf der Zunge" | Um diese Behauptung zu belegen, zeigt Köhler zunächst an einem verblüffenden Beispiel, dass transphänomenale Tatbestände existieren: Jemand versucht, sich an den Namen eines bestimmten Malers zu erinnern, dieser liegt ihm quasi schon "auf der Zunge" | ||
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Diese Bezogenheit ist den wenigsten Naturwissenschaftlern bewusst: Auch das modernste Messgerät muss ja abgelesen werden (d.h. es bleibt der Wahrnehmungsprozess eines Menschen notwendig) und dem Messvorgang selbst liegen letztlich Wahrnehmungserfahrungen aus der phänomenalen Welt zugrunde, sonst wüsste man ja gar nicht, was man überhaupt gerade misst; alle physikalischen Symbole beruhen letztlich auf Wahrnehmungserfahrungen. | Diese Bezogenheit ist den wenigsten Naturwissenschaftlern bewusst: Auch das modernste Messgerät muss ja abgelesen werden (d.h. es bleibt der Wahrnehmungsprozess eines Menschen notwendig) und dem Messvorgang selbst liegen letztlich Wahrnehmungserfahrungen aus der phänomenalen Welt zugrunde, sonst wüsste man ja gar nicht, was man überhaupt gerade misst; alle physikalischen Symbole beruhen letztlich auf Wahrnehmungserfahrungen. | ||
- | Köhler geht von der Isomorphie, d.h. von einer starken strukturellen Übereinstimmung, | + | ==== Isomorphie-Annahme ==== |
- | Diese Isomorphie zwischen | + | Köhler geht von der [[Isomorphie]], d.h. von einer starken strukturellen Übereinstimmung, |
- | Die Gedächtnisspuren interessieren ihn als Beispiel für makroskopische physikalische Zustände. | + | Diese Isomorphie zwischen transphänomenaler |
- | Bezogen auf den physischen Organismus ist laut Köhler nicht klar zu entscheiden, | + | Die Gedächtnisspuren interessieren ihn als Beispiel für makroskopische physikalische Zustände. Diese tendieren laut Ernst Mach zu Stabilität und Ordnung. Entsprechend organisieren sich auch die Gedächtnisspuren im Gehirn. Nach Wertheimer wird das Wahrnehmungsfeld in vergleichbarer Weise nach den Prinzipien Einfachheit und Klarheit ([[tendenz_zur_guten_gestalt|Prägnanztendenz]]) organisiert, |
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+ | Bezogen auf den physischen Organismus ist laut Köhler nicht klar zu entscheiden, | ||
Er geht davon aus, dass mit der vom Individuum erlebten Gefordertheit (z.B. Konfrontation bei der ausgestreckten Hand eines Bettlers) auch eine entsprechende kortikale Spannungsveränderung innerhalb des betreffenden kortikalen Kraftfeldes einhergeht. Wird einem Lebewesen die Gefordertheit einer Situation bewusst, so erlangt es Einsicht und kann entsprechend handeln. Lernen geschieht nach Köhler auf diesem Wege; er konnte einsichtiges Lernen sogar bei Schimpansen nachweisen. Einsicht spielt natürlich beim ethischen Denken und Handeln eine wichtige Rolle ([[produktives_denken|Produktives Denken]]) | Er geht davon aus, dass mit der vom Individuum erlebten Gefordertheit (z.B. Konfrontation bei der ausgestreckten Hand eines Bettlers) auch eine entsprechende kortikale Spannungsveränderung innerhalb des betreffenden kortikalen Kraftfeldes einhergeht. Wird einem Lebewesen die Gefordertheit einer Situation bewusst, so erlangt es Einsicht und kann entsprechend handeln. Lernen geschieht nach Köhler auf diesem Wege; er konnte einsichtiges Lernen sogar bei Schimpansen nachweisen. Einsicht spielt natürlich beim ethischen Denken und Handeln eine wichtige Rolle ([[produktives_denken|Produktives Denken]]) | ||
- | Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Spaltung in eine Wert- und eine Tatsachenwelt, | + | Zusammenfassend lässt sich sagen: Eine Spaltung in eine Wertewelt |
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+ | ==== Siehe auch: ==== | ||
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+ | * Stemberger, Gerhard (1995): [[https:// | ||
+ | * Sternek, Katharina (2019): [[https:// | ||
+ | * Agstner, Irene; Lindorfer, Bernadette & Katharina Sternek (2013): [[https:// | ||
+ | * Zillig, Waltraud (1992): [[http:// | ||
+ | * [[realismus_kritischer|Kritischer Realismus]] | ||
+ | * [[isomorphie|Isomorphie-These]] | ||
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+ | ==== Grundlagen-Literatur: | ||
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+ | * Köhler, Wolfgang (1938): //The Place of Value in a World of Facts//. New York: Liveright. Deutsche Ausgabe: | ||
+ | * Köhler, Wolfgang (1968): //Werte und Tatsachen// | ||
+ | * Duncker, Karl (1939/ | ||
+ | * Wertheimer, Max (1935/ | ||
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+ | <WRAP center round box 80%> | ||
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+ | **Wolfgang Köhler: | ||
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+ | Werte und Tatsachen** | ||
+ | |||
+ | Nachdruck der Ausgabe 1968 | ||
+ | |||
+ | 300 Seiten | ||
+ | |||
+ | **Preis E-Book 8,99 €** | ||
- | **Siehe auch:** | + | Preis Gedrucktes Buch 66,81 Euro |
- | Werte/ | + | -> [[https:// |
- | Stemberger, Gerhard (1995): [[https:// | + | </WRAP> |
- | **Literatur: | ||
- | Köhler, Wolfgang (1938/ |