Anspruchsniveau

[EN: level of aspiration]

ausgehend von einem Lexikon-Beitrag von Brigitte Lustig, Wien; hier mit aktualisierten Literaturverweisen

Der Begriff steht im Konstrukt des Lebensraumes in der Gestalttheoretischen Psychotherapie in Verbindung mit menschlichem Zielsetzungsverhalten und dem Entstehen von Minderwertigkeits- oder Überlegenheitsgefühlen. Der Begriff wurde von der Lewin-Schülerin Tamara Dembo (1931; vgl. Marrow 1977/2002, 54 f., Sternek 2014) geprägt, bekannt geworden sind dazu v. a. die Untersuchungen von Ferdinand Hoppe (1930) und Margarete Jucknat (1937) (vgl. Lewin 1982, 198f und 433ff; Walter 1994, 56f; Sternek 2013).

Das Anspruchsniveau gilt als Schwierigkeitsgrad einer Aufgabe, für die sich eine Person entscheidet. Erfolgserlebnisse entstehen bei Überschreiten, Mißerfolgserlebnisse bei Unterschreiten des Anspruchsniveaus. Beide beeinflussen seine zukünftige Höhe, sind aber nicht mit einer bestimmten Leistung verbunden, sondern über das vorhergehende Anspruchsniveau bestimmt. Dieses kann also über oder unter den wirklichen Fähigkeiten des Individuums liegen. Großen Einfluss auf das Anspruchsniveau haben soziale Faktoren, wie Gruppennormen, Ehrgeiz, Lob etc. Hierin liegt auch ein Ansatzpunkt für das psychotherapeutische Handeln.

Das Anspruchsniveau sollte nicht nur quantitativ verstanden werden, als ein „höher“ oder „tiefer“ bei messbaren Leistungen - es kann sich auch auf Qualitatives beziehen (z.B. ein guter Vater sein). Die Rolle des Anspruchsniveaus am Beispiel der Dynamik eines depressiven Geschehens behandelt Stemberger 2010.

Literatur


Kurt Lewin: Feldtheorie in den Sozialwissenschaften Ausgewählte theoretische Schriften

2., unveränd. Aufl. 2012

395 Seiten | ISBN 9783456850764| Preis 34,95 Euro

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