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Heißer Stuhl

Hans-Jürgen P. Walter

„Heißer Stuhl“ nannte Fritz Perls in der Gestalt-Therapie den Platz vor oder neben ihm in der Gruppenrunde, auf den er den Klienten bat, der mit ihm „arbeiten“ wollte. Dieses Verfahren war bei Perls, der eine Art Einzeltherapie in der Gruppe praktizierte (Perls 1974, 80), noch die Regel. Es wird aber durchaus auch heute noch im Rahmen gruppenzentrierter Arbeit angewandt. Der Vorteil ist, dass der Klient, schon bevor ihm der Therapeut seine volle Aufmerksamkeit zuwendet, ein Verhalten verwirklichen muss, welches das Ziel gestalt-therapeutischer Arbeit vorwegnimmt: Er muss sich entschieden haben, seinen „sicheren“ Platz in der Runde mit einem exponierten Platz zu vertauschen, der von ihm fordert, mit dem Therapeuten direkt in Kontakt zu treten und „im Jetzt zu bleiben“. Perls: „Meine Funktion als Therapeut ist es, euch zum Gewahrsein des Hier-und-jetzt zu verhelfen und euch jeden Versuch, daraus auszubrechen, zu versagen. Das ist meine Existenz als Therapeut, in der Therapeutenrolle“ (1974, 81).

Auf dem „heißen Stuhl“ ist es die Aufgabe des Klienten, auf Empfindungen, auf Gefühle und deren Veränderung im aktuellen Kontakt mit dem Therapeuten (oder Gruppenmitgliedern), auf willkürliche und unwillkürliche motorische Vorgänge, auf widersprüchliche Verhaltensweisen und u.U. gegensätzliche Wünsche und Vorstellungen zu achten und sich auf dem Wege ausdrücklicher Identifizierung mit ihnen ihrer Bedeutung zunehmend bewusst zu werden. Konkret fordert der Therapeut etwa dazu auf, die „Leere im Kopf“ der „Druck im Bauch“ u.ä.m. zu sein und als das eine oder andere zu sprechen, z.B. als „Leere“ mit dem „Druck“ oder als „verschlagen-unterwürfiger Versager“ (Underdog) mit dem „hochmütigen Besserwisser“ (Topdog). Dabei kann, nicht zuletzt auch bei der Bearbeitung von Träumen und der Identifikation mit Traumteilen, Gebrauch von der Technik des „leeren Stuhls“ gemacht werden.

Im weiteren Sinn wird heute der Platz, auf dem der Klient gerade sitzt, als „heißer Stuhl“ verstanden, sobald er sich entschieden hat, an sich zu arbeiten.

Verbundene Begriffe:

Literatur:

Perls, Fritz S. (1974): Gestalt-Therapie in Aktion. Stuttgart

Walter, Hans-Jürgen P. (1994): Gestalttheorie und Psychotherapie. Zur integrativen Anwendung zeitgenössischer Therapieformen. 3. Auflage. Opladen.

heisser_stuhl.1483537934.txt.gz · Zuletzt geändert: 12.03.2024 13:25 (Externe Bearbeitung)