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Unerledigte Situation

Dr. Hans-Jürgen Walter

Zentraler Begriff in der Gestalt-Therapie. Fritz Perls sieht im Verhalten des „sogenannten Neurotikers“ den chronisch untauglichen Versuch, eine biographisch zurückliegende „unerledigte Situation“ zu bewältigen. Dabei beruft er sich auf die unter Leitung Kurt Lewins in den 20er Jahren entstandenen Dissertationen von Bluma Zeigarnik (1927) und Maria Ovsiankina (Rickers-Ovsiankina - 1928). Wesentliches Ergebnis dieser Arbeiten (und einer wichtigen Nachuntersuchung; Junker 1960) ist: Als „unerledigt“ Wahrgenommenes wirkt weiter im Sinne einer „Tendenz zur Erledigung“. Die durch einen Vornahmeakt gesetzten Spannungen im psychischen Feld wirken nach einem erzwungenen Verzicht auf die Ausführung der Vornahme oder deren Abbruch um so nachhaltiger weiter, je stärker das Selbstwertbewusstsein oder übergeordnete persönliche Ziele einer Versuchsperson tangiert sind (Furcht von Minderwertigkeit).

In der Gestalt-Therapie geht es darum, dass der Klient aktiv solche „unerledigte Situationen“ im gegenwärtigen Verhalten und in seiner gegenwärtigen Vergangenheitsperspektive (Zeitperspektive) aufspürt (heißer Stuhl, leerer Stuhl), als gegenwärtige Probleme akzeptiert, die dahinter liegenden Bedürfnisse identifiziert und situationsgerecht darüber entscheidet, ob und wie er sie befriedigt (Hier-und-jetzt-Prinzip, Verantwortlichkeit, Bewusstheitskontinuum).

Literatur:

Junker, Erika (1960): Über unterschiedliches Behalten eigener Leistungen. Frankfurt.

Lewin, Kurt (Hg.): Untersuchungen zur Handlungs- und Affektpsychologie. Psychol. Forschung, Heft 1/2, (1927, Zeigarnik) und Heft 3/4, (1928, Ovsiankina).

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